Hockey in Österreich:
1961 bis 1980

... so muß sich der gute, alte Baron de Coubertin zur Jahrhundertwende den olympischen Geist vorgestellt haben. Lachende, kichernde, vor Freude kreischende junge Mädchen, echte Amateursportlerinnen, die es selbst nicht recht fassen können, professionelle Siebentage­trainiererinnen geschlagen zu haben.
(Michael Kuhn, 1980, Kronen Zeitung)

1980: Damen Olympiamannschaft

Nationaler Meisterschaftsbetrieb

Bei den Herren begann mit dem Jahre 1953 eine langanhaltende Erfolgsperiode des Post SV. Der Verein gewann bis zum Jahre 1964 fast alle Meister­titel und stellte in dieser Zeit auch das Gros der National­mannschaft. Zwar wurden die Titel nicht "im Spazier­gang" erobert - aber die Dominanz der Hernalser war unübersehbar.

Die siegreichen Post-Herren in den 50igern

Unterbrochen wurde die Siegesserie der Post lediglich durch den HC Wien, der 1960/61 unter der Leitung von Hans Czerny seinen ersten Herren-Staatsmeistertitel eroberte.

Im Herbst 1961 wurde dann das Spieljahr dem Kalenderjahr angepasst, sodass nur ein Herbst­durchgang gespielt wurde, der nicht zur Meisterschaft zählte, und erst im Frühjahr 1962 wurde wieder mit der neuen Meisterschaft begonnen. Dies wurde vor allem deshalb als günstiger ange­sehen, da auch die Subventionen durch Sporttoto pro Kalenderjahr gewährt wur­den und die Zuwendungen an die Vereine je nach der von ihnen in der Meisterschaft erreichten Platzierung aufgeschlüsselt wurden. Erstmals wurde im Spieljahr 1961 auch mit Abstieg aus der ersten Liga bzw. Aufstieg aus der Reservemeisterschaft gespielt.

Im Jahr 1965 unterbrach der noch junge Verein AHC (später AHTC) die Siegesserie der Post­-Herren und konnte erstmals den Meister­titel gewinnen. Im Jahr darauf eroberte wiederum der HC Wien die Meisterehre, bevor Post noch zwei Mal Staatsmeister wurde - 1968 vorerst zum letzten Mal. Damit endete eine eindrucksvolle Titelserie seit Ende des Zweiten Weltkrieges.

Das Jahr 1968 kann getrost als Beginn einer neuen Ära im österreichischen Hoc­keysport angesehen werden. Erstmals wurde eine eigene Schülermeisterschaft (Höchstalter 14 Jahre) ausgetragen, an der fünf Mannschaften teilnahmen, und die der AHC gewann. Dies ist auch deshalb von Bedeutung, da die meisten Spieler des damaligen Schülermeisters die nächsten 15 Jahre den Hockeysport in Österreich mitbestimmten und sich die „Installierung“ der Nachwuchsmeisterschaften positiv auswirkte.

Hockey als Schulsport

Damals wie heute: Die Schwierigkeiten, den Hockeysport populärer zu machen, beginnen mit der geringen Präsenz des Landhockeysports als Schulsport. Durch die Aufwertung des Hallenhockeys in Österreich hat sich aber gezeigt, dass vor allem über diesen Weg mit viel Einsatz der Hockeysport in die Schu­len gebracht werden kann.

In anderen sogenannten "Hockeyländern" wie Eng­land oder Holland wird Hockey an den Schulen angeboten.

Beispielhaft für Österreich war die HTL in Mödling, wo es gelungen ist, den Hockeysport als Schulsport einer breiteren Basis bekannt zu machen. Viel Hoffnung setzte man auch in die Entwicklungen in Oberösterreich - als zukunftsträchtigstes Bundesland außer­halb Wiens. Dem Hockeyverband fehlen jedoch - aus fi­nan­ziellen Gründen, wegen zu geringem Organisationsgrad, oder wegen zu gerin­ger medialer Unterstützung - vielfach die Mittel, um etwaige Möglichkeiten auszu­nützen.

International

Österreichs Herren nahmen im September 1970 an der Europameisterschaft in Brüssel teil und belegten den 11. Platz. 1972 fanden im nahen München die olympischen Spiele statt und Österreichs Herrenteam war als Ersatznation vorgesehen - leider fiel keine Nation aus und Österreich musste trotz intensiver Vorbereitungsmaßnahmen zu Hause bleiben.

1975: Damen zur Weltmeisterschaft nach Edinburgh

Bei den Damen richteten sowohl die IFWHA (International Federation of Women's Hockey Associations) als auch die FIH (Fédération Internationale de Hockey) Weltmeisterschaften aus, bis sich beide Verbände 1982 zur heutigen FIH vereinten. Obwohl verschiedene Nationen – darunter auch Österreich – an den WM-Turnieren beider Verbände teilnahmen, gingen die drei IFWHA-Turniere nicht in die offizielle Zählung der FIH ein.

Somit nahmen die österreichischen Damen 1974 an der 1. Weltmeisterschaft in Mandelieu (8. Platz) teil und erreichten 1976 bei der Weltmeisterschaft in Berlin mit dem 7. Platz von 12 Nationen die international beste Platzierung bei einer Weltmeisterschaft in ihrer Geschichte. Zusätzlich nahmen die Damen auch an der Weltmeisterschaft in Edinburgh (1975, IFWHA) teil.

Die 70iger national

National eroberte der AHTC 1972 erstmalig alle vier Staatsmeistertitel, also sowohl bei Damen als auch bei den Herren Feld- und Hallentitel. Dies gelingt in weiterer Folge dann nur mehr den SV Arminen, die dies dann auch gleich mehrfach wiederholen.

1973 konnte nur die Herren­mannschaft des HC Wien, die den Titel am Feld gewann, den Vorjahrserfolg der Aka­demiker verhindern. Im darauffolgenden Jahr (1974) blieb der AHTC nur im Damenbereich siegreich - die Herrentitel teilten sich der HC Wien am Feld und für alle überraschend der Post SV in der Halle.

1975 starteten dann die SV Arminen eine unglaubliche Serie von 15 Hallentiteln in Folge - ein Rekord, der bis heute unerreicht ist. Lediglich der WAC schrammte mit 13 Hallentiteln (1990-2002) knapp an diesem Rekordergebnis vorbei. Damit verhinderte in diesem Jahr die SV Arminen den vollen Triumph des AHTC, der sich 1975 wieder bei den Damen beide Titel, bei den Herren aber nur den Feldtitel holen konnte. Die nächsten Jahre waren bei den Herren am Feld durch den Zweikampf SV Arminen gegen AHTC geprägt: 1976 und 1980 gewannen die Schwarz-Weißen und 1977-1979 wiederum der AHTC.

Bei den Damen wurde die Titel-Serie des AHTC von 1962 bis 1976 nur zwei Mal unterbrochen - 1964 gewannen die Damen des HC Wien und 1969 die Damen des WAC, die dann auch 1977 den Siegeszug der AHTC-Damen endgültig beendeten. Die Arminen-Damen mussten 20 Jahre auf einen neuerlichen Titelerfolg warten, bis sie 1978 mit einer neuformierten Mannschaft wieder zu Meisterehren kamen. Die Meister 1979 hießen dann wieder WAC und 1980 Post SV.

In der Jugendmeisterschaft erfolgte nach einer langen HC Wien-Vorherrschaft die "Ab­löse" durch SV Arminen, die erstmals 1965 den Jugendmeistertitel erobern konnte. Damals wie heute zeigte sich, dass es besonders dann zu großen Erfolgen bei Nach­wuchsmannschaften kam, wenn sich diese aus einer Schule bzw. Klasse rekru­tierten. Zusammenspiel über mehrere Jahre führte zwangsläufig zum Erfolg. Die Subventionierung der Vereine durch den Verband wurde an die Teilnahme von Nach­wuchs­mannschaften gekoppelt. Vereine, die sich zu wenig um gezielte Nach­wuchsarbeit kümmerten z.B. später HC Straßenbahn, versanken bald in der Bedeutungslosigkeit oder lösten sich auf.

Zum 60-jährigen Jubiläum des ÖHV (1973) unterstützte das Bundesministerium für Unterricht und Kunst die Tätigkeit eines hauptamtlichen Trainers - eine wichtige Maßnahme um sich den ändernden Bedingungen im internationalen Hockey anzupassen. Der polnische Ex-Nationalspieler Withold Ziaja wurde verpflichtet und legte einen Grundstein für eine professionelle Aufbau- und Trainingsarbeit.

1974 begann die Zeit des internationalen Hallenhockeys mit der erstmaligen Durchführung der Europameisterschaft in Berlin an der Österreich teilnahm. Schon damals zeigte sich, dass Österreich in der Halle im europäischen Hockey eine weitaus stärkere Rolle zu spielen imstande ist, als auf dem Feld. Dem Hallenhockey ist zusätzlich ein eigenes Kapitel gewidmet.

Platzmisere prolongiert

Der österreichische Hockeyverband wurde ab 1976 von Dir. Josef Moissl geführt, der den langjährigen Präsidenten Dr. Wolfgang Klee ablöste und bis 1980 im Amt blieb. Die Probleme unter seiner Führung blieben die gleichen und ziehen sich wie ein roter Faden durch das Hockeygeschehen in Österreich. Wegen der großen Anzahl der Spiele - vor allem hervorgerufen durch die vielen Nach­wuchs­mannschaften der Vereine - rückte das Platzproblem wieder in den Vordergrund.

Das Hockeystadion wurde zwar nach 10-jähriger Bauzeit und unter dem Einsatz zahlreicher freiwilliger Helfer 1963 eröffnet, war die Heimstätte der Wiener Großklubs AHTC, HC Wien und SV Arminen und gleichzeitig der Austragungsort für alle Spiele mit internationalem Charakter. 1973 wurden beispielsweise 160 Spiele am Rasen und 200 Spiele am Hartplatz durchgeführt. Dazu kamen noch Trainingsstunden und Lehrgangsstunden.

Außer dem Hockeystadion im Prater gab es 1975 praktisch aber keinen weiteren Sportplatz auf dem ausschließlich Hockey gespielt werden konnte. Allzu oft - vor allem in den Bundesländern - waren die Hockeyvereine nur Untermieter auf Fußballfeldern.

Aufgrund dieser Platzmisere fiel in die Amtszeit von Moissl der Ver­such auch außerhalb des Hockeystadions ein ausschließlich dem Landhockey die­nendes Areal zu errichten. 1978 wurden dann 13.000 m² Ackerland in Breitenlee (22. Wiener Gemeindebezirk) gepachtet und mit dem Bau von 2 Naturrasen-Hockeyplätzen begon­nen. Eineinhalb Jahre nach der Geländeer­schließung fand bereits das erste Turnier auf den neuerbauten Plätzen statt und die Anlage wurde den beiden Wiener Verei­nen AHTC und HC Wien übergeben, die auf zwei getrennten Spielfeldern weitaus größere Trainingsmöglichkeiten hatten.

Obwohl das Bemühen des Vorstands, der Platzmisere Einhalt zu gebieten, positiv bewertet werden muss, zeigte sich sehr bald, dass nur eine Erhöhung des Platzangebotes nicht den erhofften Erfolg brachte. Vor allem die verkehrsmäßig schlechte Erreichbarkeit der Plätze machte es den Nachwuchsspielern unmög­lich, mit öffentlichen Verkehrsmittel das Training zu besuchen. Aber auch die internationale Entwicklung in Richtung Kunstrasen-Hockey führte dazu, dass dieses Projekt einige Jahre später wieder aufgegeben wurde - zum Leidwesen der beteiligten Vereine, deren Jugendarbeit unter dem zweimaligen Ortswechsel sehr zu leiden hatte.

Nationalmannschaft Herren 1976 in Arnheim (Halle)

Zurück zum internationalen Sportge­schehen: Mit dem zweiten Platz bei der EM-Qualifikation im Februar 1975 begann für Österreichs Herrenteam eine äußerst erfolgreiche Zeit im Hallenhockey. Es zeigte sich in all den Jahren, dass die österreichische Nationalmann­schaft im Stande ist, jede Mannschaft der Welt - lange Jahre mit Ausnahme Deutschlands - zu besiegen, und dadurch einen festen Platz an der Spitze der Hallen­hockey­nationen einnehmen kann.

Die absolute Krönung bedeutete der Weltmeistertitel in der Halle 2018 und das damit verbundene Ranking als Nummer 1 weltweit. Aber der Reihe nach ...

International gesehen war das Jahr 1977 am Feld wenig erfolgreich: sowohl die Herren, als auch die Junioren verpassten bei Qualifika­tionsturnieren den Aufstieg, beide Male gegen angelsächsische Teams. Die Her­ren unterlagen in Wien den Schotten nur knapp 1:2, die Junioren verloren gegen Irland in Madrid mit dem gleichen Ergeb­nis, und auch bei der Europameisterschaft der Juniorinnen, die in diesem Jahr erst­mals in Wien ausgetragen wurde, blieb der österreichischen Mannschaft das Pech treu: Im Penaltyschiessen unterlagen die Mädchen den Französinnen im Kampf um die Bronzemedaille! Bereits 1978 wurde in Celle (GER) abermals eine Juniorinnen-EM ausgetragen - auch bei dieser scheiterte man an einer Bronzemedaille.

Und obwohl vorerst das Projekt eines zweiten Hockeyplatzes diskutiert wurde, geisterte schon damals die Idee des Kunstrasens durch die Köpfe einiger Fantasten.

1980 wurde Kommerzialrat Jo­sef Moissl von Dr. Heinz Gerö an der Verbandsspitze als Präsident abgelöst. Mit ihm kam auch der langjährige Hockeyna­tionalspieler, Hockey- und Fußballtrainer Sepp Pecanka als ÖHV-Betreuer für Da­men und Herren.

Europacup

Mit der Zunahme des internationalen Spielverkehrs wurde nach dem Vorbild des europäischen Fußballs 1969 erstmals der Bewerb "Europacup der Landesmeister" - international als "EuroHockey Club Champions Cup" bekannt - bei den Herren am Feld ausgetragen. In den ersten Jahren wurde der Bewerb privat veranstaltet, zwischen 1974 und 2007 dann von der EHF organisiert und damit startete auch der Damenbewerb.

Der Bewerb wird seit jeher in Turnierform ausgetragen: in den Anfängen nahmen 12 Mannschaften - nach vorangegangener Qualifikation - am Endturnier teil. Die Landesmeister jener Länder, die im vergangenen Jahr einen der ersten acht Plätze belegen konnten waren fix qualifiziert und nur die letzten vier Plätze wurden mittels Qualifikation an die weniger starken Hockeynationen vergeben. Dabei kam es schon vor, dass ein Landesmeister zwar den ersehnten 8. Platz im Turnier erreichte, aber wenn dieser den Titel nicht erfolgreich verteidigen konnte, dessen Nachfolger praktisch ein Platz im Finalturnier ohne Qualifikation zustand.

Die Beteiligung österreichischer Vereine verlief mit mittelmäßigen Erfolgen - in die Endrunden am Feld schaffte es bei den Herren HC Wien 1975 und AHTC 1980 sowie bei den Damen der AHTC 1976 und 1977.

Pionierleistung der Damen

Das Jahr 1980 brachte den österreichi­schen Hockeysport und speziell die Damen­nationalmannschaft in die heimischen Medien. Nach dem Turniersieg bei einem Vier-Nationenturnier in Santander (unter dem neuen ÖHV-Trainer Sepp Pecanka) - gegen Frank­reich, Spanien und die Schweiz - qualifizier­te sich Österreichs Damenteam für das 1. Olym­pische Damenhockeyturnier in Moskau. Sie profitierten von der Länderspielregel, die den Qualifikationskriterien zu Grunde gelegt wurde, und dem Boykott vieler europäischer Länder.

Zuvor wenig beachtet rückten die Hockey­spielerinnen nach anfänglichen Erfolgen mehr und mehr ins Rampenlicht der öster­reichischen Tagespresse. Die Kronen Zeitung vermerkte einen Tag vor der Ab­reise der Hockeymädchen: "Ehrlich gesagt, kaum jemand wußte, daß es sie gibt. Und so nahm man von ihnen buchstäblich nicht einmal Notiz. Aber mit einem Schlag sind Österreichs Hockey­mädchen ein Begriff. Nicht nur in der Heimat. Auch international reißt man sich um sie. Manche konnten es gar nicht erwarten, daß sie kommen. Sie sind kurz­um, eine olympische Entdeckung."

Nach einer mehr oder weniger er­warteten 0:2 Niederlage gegen Indien im ersten Damenhockeyspiel der olympi­schen Spiele überhaupt, waren Österreichs Hockeyspieler­innen plötzlich nicht mehr nur der Aufputz des Olympiaaufgebots, als sie den Turnierfavoriten und Gastgeber UdSSR mit 2:0 besiegten. Eine Mannschaft, die immerhin 6 Jahre lang täglich auf Olympia hingearbeitet hatte. Dem Sieg folgte ein 3:0-Sieg gegen Polen, und Österreichs Zeitungen sprachen bereits vom "Medaillenkurs unserer Damen". Dass es nach Niederlagen gegen die CSSR und gegen den späteren Olympia­sieger Zimbabwe dann doch nur zum 5. Platz gereicht hatte, konnte erfahrene Hockeykenner nicht überraschen. Die zuvor viel belächelte Entsendung nach Moskau hatten Österreichs Hockeydamen schon mit 2 Siegen gerechtfertigt. Viel entscheidender war der plötzliche Popula­ritätsgewinn des Hockeysports, der jedoch im Laufe der Zeit wieder verloren ging.

Österreich wurde vertreten durch: Patricia Lorenz, Sabine Blemenschütz, Elisabeth Pistauer, Andrea Kozma, Brigitta Pecanka, Brigitte Kindler, Friederike Stern, Regina Lorenz, Eleonore Pecanka, Ilse Stipanovsky, Andrea Porsch, Erika Csar, Dorit Ganster, Eva Cambal, Ulrike Kleinhansl, Jana Cejpek.

Kurzzeitig avancierten die Damen zu "Lieblingen der Nation" - und die positive Resonanz in den österreichischen Medien war extrem hoch - auch ein Umstand, der sich bis heute leider nicht mehr wiederholt hat. Schuld daran, so Sportjournalist Peter Linden, war die Tatsache, dass es dem Verband mittels Öffentlichkeitsarbeit nicht gelungen war, einige - zu diesem Zeit­punkt bekannte - Spielerinnen weiterhin im Bewusstsein der Sportöffentlichkeit zu verankern. Der vertraute Alltag kehrte wieder ein in die Hockeygemeinde, Zeitungen nahmen immer weniger Notiz von der Wirk­lichkeit des Hockeysports in Österreich.