Hockey in Österreich:
2001 bis 2020

Ein neuer Teamchef

Im Sommer 1999 verpflichtet der Österreichische Hockeyverband den Cheftrainer der Stuttgarter Kickers Horst Ruoss als Teamchef. Ruoss soll als Vizepräsident Sport auch am Aufbau neuer Strukturen im Hockeyverband mitwirken. Neue Impulse von außen sind zu diesem Zeitpunkt dringend nötig, denn Österreichs Hockeysport befindet sich zur Jahrtausendwende mitten im sportlichen Niemandsland.

Der neue Teamchef zieht nach sechs Monaten eine ernüchternde Bilanz und legt eine umfassende Mängelliste vor: Die Ausdauerwerte der Teamspieler unterscheiden sich kaum von Freizeitsportlern, die Trainingsbeteiligung und -disziplin im Nationalteam lassen zu wünschen übrig. Für den Nachwuchsbereich gibt es zu wenige qualifizierte Trainer. Jugendliche trainieren falsch, weil Grundkenntnisse der Trainingslehre nicht vermittelt werden. Der Hockeyverband betreibt keine gezielte Talenteförderung, es fehlt auch ein einheitliches Trainingskonzept.

Ruoss beginnt sofort mit den Instandsetzungsmaßnahmen. Ein Spitzensport-Gremium wird ins Leben gerufen, um den Anforderungen des Leistungssports gegenüber den Partikularinteressen der Vereine mehr Gewicht zu verschaffen. Regelmäßige Trainingslehrgänge mit Testspielen gegen deutsche Bundesligaklubs sollen das Nationalteam an die internationale Klasse heranführen. Bei der Auswahl der Teamspieler legt der Teamchef besonderes Augenmerk auf Faktoren wie Eigenmotivation, Anstrengung, Wille und Disziplin in der Vorbereitung.

Feldhockey

Die FIH führt erst ab dem Jahr 2003 eine offizielle Rangliste der Nationalmannschaften. In die Wertung fließt das zeitlich gewichtete Abschneiden der letzten vier Jahre bei großen internationalen Turnieren ein: Olympische Spiele, Weltmeisterschaften, Champions Trophy, Champions Challenge und Kontinentalmeisterschaften. 2008 werden weitere Turniere, insbesondere Qualifikationsturniere für Olympische Spiele und Weltmeisterschaften, in die Wertung einbezogen. Ab dem Jahr 2020 verwendet die FIH ein match-basiertes Weltranglistensystem, das dem im Fußball verwendeten System ähnelt.

Die erste Weltrangliste vom Dezember 2003 listet Österreich nur auf Rang 40 von 69 Nationen – Rang 16 in Europa. Das Damenteam liegt in dieser Weltrangliste auf Rang 49 von 55 Nationen – Rang 18 in Europa.

Österreichs Herrenteam hatte zuletzt im Jahr 1983 an einer Feldhockey-Europameisterschaft teilgenommen und war danach immer bereits in den Qualifikationsturnieren gescheitert. Bis 2003 umfasste das Teilnehmerfeld der Europameisterschaft 12 Nationen. Ab 2005 wurde der Bewerb in zwei Leistungsklassen (Championship und Trophy) mit jeweils 8 Nationen geteilt.

Die Erfolge der Damen in den Achtzigerjahren mit Rang 5 bei den Olympischen Spielen in Moskau und der anschließenden WM-Teilnahme in Buenos Aires hatten leider keine nachhaltige Wirkung entfaltet. Die letzte EM-Teilnahme von Österreichs Damen war 1991 in Brüssel, wo das Team den 12. Platz belegte.

Nations Challenge Women in Prag

Ab 2005 werden auch die Europameisterschaften der Damen in mehreren Klassen durchgeführt. Österreich startet 2005 in der Tschechischen Republik in der dritten Leistungsstufe, belegt dort den zweiten Platz hinter den Gastgeberinnen und steigt eine Klasse höher in die Nations Trophy.

Österreichs Damen bei der Nations Challenge Prag 2005

European Nations Trophy 2007 Men in Lissabon

Durch den 2. Platz beim Turnier in Portugal (August 2007) sichert sich das österreichische Nationalteam nicht nur den Aufstieg in den A-Pool, sondern auch die Teilnahme an der Olympia-Qualifikation für Peking 2008. Die österreichische Mannschaft übertrifft in Lissabon die ziemlich pessimistische Einschätzung des neuen Teamchefs Frank Hänel, der dem Team nur sehr geringe Erfolgsaussichten zugesteht und als Ziel den Klassenerhalt ausruft.

Frankies Einschätzung der Gegner in den entscheidenden Begegnungen ist nach den Spielergebnissen in Klammern angegeben: Vorrunde: Österreich – Polen 2:1 („Polen ist Top-Favorit, für uns nicht schlagbar“). Halbfinale: Österreich – Schweiz 8:7 Sieg („Schweiz ist Geheim-Favorit“). Finale: Österreich – Polen 3:4 (siehe oben).

Horst Ruoss muss bei diesem Turnier kurzfristig als Coach für den erkrankten Frank Hänel einspringen. Es kann an dieser Stelle nur gemutmaßt werden, dass Horst die Einschätzungen seines Headcoach gar nicht kannte und dass er Österreich deshalb auf Sieg spielen ließ.

Österreich siegt bei der European Nations Trophy in Lissabon

Das Damen-Nationalteam belegt bei der Nations Trophy 2007 in Siauliai mit fünf Niederlagen den letzten Platz und muss den Gang in die dritte Liga (Challenge) antreten. Erst bei der Challenge in Wien 2011 gelingt die Rückkehr in die zweite Leistungsstufe.

Herren beim Olympia Qualifier in Santiago de Chile

Vierter Platz für Österreich beim Olympia Qualifier in Santiago de Chile (März 2008). Die Gegner sind Gastgeber Chile, Großbritannien, Indien, Mexiko und Russland. Österreich tritt bei diesem Turnier als krasser Außenseiter an, da nur der Turniersieger einen Platz im Zwölferfeld der Olympischen Spiele erhält. Österreich siegt in der Vorrunde gegen Chile, Russland und Mexiko. Nur die Hockey-Großmächte Großbritannien und Indien sind eine Nummer zu groß.

Herren auf Platz 20 der Weltrangliste

Die Herren haben bei der Europameisterschaft in Amsterdam (August 2009) einen ihrer seltenen Auftritte auf der ganz großen Feldhockey-Bühne. Im letzten Spiel schafft Österreich den lang ersehnten ersten Sieg im A-Pool und erreicht mit dem 7. Platz das beste EM-Ergebnis aller Zeiten. Außerdem rückt Österreich durch diesen Erfolg auf Platz 20 der Weltrangliste vor, die bisher beste Platzierung. Österreichs Damen rutschen nach dem 3. Platz in der Nations Challenge in Olten dagegen auf Platz 37 in der Nationenwertung ab und haben damit 4 Ränge verloren.

Europameisterschaft Amsterdam 2009: Benjamin Stanzl im Duell mit Tobias Hauke

WM-Qualifier der Herren in Invercargill

Im November 2009 tritt das Nationalteam seine bisher weiteste Reise zum WM-Qualifier nach Neuseeland an. Um die WM-Qualifikation spielen neben Österreich noch China, Malysia, Neuseeland, Schottland und Wales. Nur der Turniersieger fährt zur Weltmeisterschaft nach Indien. Österreich beendet das Abenteuer Neuseeland auf Platz 5. Das Qualifikationsturnier gewinnen die Gastgeber durch einen 2:1 Finalerfolg gegen Malaysia.

Wo geht's hier zur Weltmeisterschaft?
FIH Champions Challenge II: Der Juli in Wien ist für die Damen aus Malaysia doch etwas frisch.

Champions Challenge II der Damen in Wien

Das Teilnehmerfeld dieses FIH-Turniers (Mai 2011) umfasst Nationen, die normalerweise nicht den Weg nach Österreich finden, wie Belgien, Chile, Malaysia oder Kanada. Das junge österreichische Damenteam, das zum ersten Mal bei der Champions Challenge antritt, steht vor einer großen Herausforderung, da alle Gegnerinnen in der Weltrangliste 15 bis 20 Plätze vor Österreich rangieren. Belgien gewinnt schließlich die Challenge in Wien, Österreichs Damen landen trotz vieler positiver Ansätze am Ende des Feldes.

Champions Challenge Lille: Philip Greutter im Spiel gegen die USA

Champions Challenge II der Herren in Lille (Juli 2011)

Die ÖHV Herren landen mit zu vielen, wenn auch teilweise knappen Niederlagen auf dem letzten Platz. Die Champions Challenge II – erst 2009 eingeführt – ist mit dieser Ausgabe aber auch schon wieder Geschichte. Das bisher kurzlebigste FIH-Turnier wird 2012 durch die World League ersetzt. Viel mehr als das frühe Dahinscheiden der Challenge schmerzt Österreich die Verletzung von Benjamin Stanzl, der für die bevorstehende Europameisterschaft in der Ukraine ausfällt.

Nations Championship II Men in Vinnitsa (August 2011)

Die österreichischen Hockey-Herren beenden die EM in der Ukraine auf Platz 4. Im Spiel um Platz 3 unterliegt das ÖHV-Team gegen Schottland mit 3:4. Die Österreicher erreichen aber dennoch ihr wichtigstes Ziel – die Teilnahme an der Qualifikation für die Olympischen Spiele von London 2012.

Vorbereitung auf die Olympia-Qualifikation

Zur Vorbereitung auf die Olympia-Qualifikation führen Österreichs Herren im März 2012 erstmals ein zehntägiges Trainingslager in Bloemfontein (Südafrika) mit zwei Länderspielen gegen Südafrika und einem Trainingsspiel gegen Olympiasieger Deutschland durch.

Österreich gewinnt das Länderspiel gegen Südafrika in Johannesburg mit 3:2

Olympia Qualifikationsturnier für Damen und Herren in Kakamigahara (2012)

Österreichs Hockey-Herren belegen in Japan den vierten Platz. Im Spiel um Platz drei muss sich die Mannschaft von Frank Hänel China mit 3:5 geschlagen geben. Herausragende Leistung des Teams war ein Unentschieden gegen Südafrika.

Österreichs Damen beenden den Olympic Qualifier auf dem sechsten Platz, sorgen aber mit dem 3:2 Erfolg gegen Malaysia in ihrem letzten Gruppenspiel für eine kleine Sensation. Die letzte Begegnung gegen Malaysia bei der Champions Challenge in Wien hatten sie noch mit 0:7 verloren! Die Startplätze für die Olympischen Spiele 2012 in London holen sich Südafrika bei den Herren und Gastgeber Japan bei den Damen.

Nach dem Qualifikationsturnier endet die 5 Jahre dauernde Zusammenarbeit des ÖHV mit Frank Hänel, in dessen Amtszeit die Hockey-Herren vor allem in der Halle großartige Erfolge feiern konnten.

Geburt der World League

2012 ruft die FIH mit der World League einen neuen Wettbewerb für Hockey-Nationalmannschaften ins Leben, der den bisherigen Qualifikationsmodus für Olympische Spiele und Weltmeisterschaften ersetzt. Der Wettbewerb umfasst einen Zyklus von zwei Jahren und wird in vier Runden ausgetragen. Runde 1 wird in kontinentalen Turnieren gespielt, um die Reisekosten für alle Teilnehmer gering zu halten. Die Sieger der ersten Runde treffen in Runde zwei auf die Nationen mit den Weltrangliste-Positionen 9-16. Die Top-Nationen steigen erst in der dritten Runde in den Wettbewerb ein.

Österreich siegt bei der World League Round 1 in Cardiff (September 2012)

World League Men Round 1 in Cardiff

In der ersten Runde der World League treffen Österreichs Herren auf Schweden, Wales und Irland. Da kurz zuvor gleich fünf Routiniers ihre Karriere im Nationalteam beendet haben, geht in Wales eine völlig neu formierte Mannschaft an den Start.

Im entscheidenden Spiel gegen Wales ist Stürmerstar Michael Körper Österreichs Siebenmeter-Held – allerdings nicht als Schütze, sondern als Torwart. Nach dem Ausschluss von Keeper Michael Mäntler muss Körper ins Tor und wehrt den entscheidenden Siebenmeter ab – Österreich ist in der zweiten Runde.

World League Women Round 1 in Wien

Die Damen spielen ihre erste World League 2012 in Wien. Auch dort kommt es zu einer dramatischen Entscheidung - der Aufstieg Österreichs in die zweite Runde wird erst im Penalty-Shootout gegen Litauen fixiert.

World League Women Round 2 in Südafrika

Die zweite Runde der World League bringt die Damen im Jänner 2013 nach Südafrika. Österreich erreicht nach einer 0:2-Niederlage gegen Gastgeber und Turniersieger Südafrika den vierten Platz. Gegen in der Weltrangliste deutlich besser platzierte Teams setzt es - mit Ausnahme einer Klatsche gegen Belgien -durchaus knappe Niederlagen. Ein Erfolg gelingt gegen Ghana, das einzige Team, das im FIH- Ranking hinter Österreich liegt.

World League Men Round 2 in Elektrostal

Die Herren spielen die zweite Runde der World League in Russland und müssen sich nach einem Sieg gegen Tschechien (4:0), zwei Unentschieden gegen Ägypten (3:3) und Ukraine (2:2) und zwei Niederlagen gegen den späteren Sieger Japan (3:4) und Russland (2:4) mit dem 4. Platz aus der World League verabschieden.

Michael Körper bereitet sich auf seine Rolle als Penalty-Killer vor

Neuer Anlauf einer Olympia-Qualifikation

Die nächste World League Serie startet im September 2014. Österreichs Hockey-Damen treten in Hradec Kralove an, ringen die Gastgeberinnen Tschechien mit 1:0 nieder und erkämpfen damit Platz zwei in der Turnierwertung. Den Fixaufstieg verpassen die Österreicherinnen zwar, sie dürfen sich aber noch Hoffnungen auf das Erreichen der zweiten Runde im März 2015 machen. Turniersieger wird Frankreich nach einem 5:1-Erfolg gegen die Türkei.

Die Herren absolvieren die World League Men Round 1 in Lousada. Österreichs Hockey-Herren qualifizieren sich in Portugal nicht nur souverän für Runde zwei, sie räumen auch bei den persönlichen Auszeichnungen nach dem Turnierende alles ab, was zu holen ist. Michael Körper holt die Torjägerkrone, Benjamin Stanzl ist bester Spieler und Michael Mäntler bester Torhüter des Turniers.

Österreichs Herren bei der World League Men Round 1 in Lousada

World League Men Round 2 in Chula Vista

Österreichs Hockey-Herren kommen im Februar 2015 dem Traum von Olympia 2016 in Rio de Janeiro einen großen Schritt näher. In San Diego ringt das Team von Tomasz Laskowski im Halbfinale Russland mit 4:2 im Shootout nieder und steht damit in der dritten Runde, bei der im Juni die Startplätze für die Olympischen Spiele vergeben werden. Das für den Aufstieg bereits bedeutungslose Finale verliert Österreich gegen Irland.

World League in Chula Vista. Der entscheidende Sieg gegen Russland ist geschafft.

World League Round 2 Women in Dublin

Im März 2015 beenden Österreichs Hockey-Damen die zweite Runde der World League auf Platz fünf. Im letzten Spiel feiert das Team von Nitan Sondhi zwar einen 2:1-Erfolg gegen Litauen, aber schon im Viertelfinale waren die Österreicherinnen durch ein 1:5 gegen Kanada aus dem Rennen um ein Olympia-Ticket ausgeschieden.

World League Men Semifinal in Buenos Aires

Der Traum von den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro platzt für Österreichs Hockey-Herren im Juni 2015. Mit einer 1:4-Niederlage gegen Spanien verpasst das Team von Trainer Tomasz Laskowski in Argentinien das Viertelfinale und hat somit keine Chance mehr auf einen Platz beim olympischen Hockeyturnier.

Europameisterschaft

Im Juli 2015 findet die Europameisterschaft der Damen und Herren in Prag statt. Österreichs Hockey Herren beenden eine extrem intensive Saison mit einer großen Leistung und zählen nach der EM wieder zu den besten acht Nationen Europas. Das Team von Trainer Tomasz Laskowski setzt sich im Aufstiegs-Krimi mit 3:1 im Shootout gegen Schottland durch.

Die österreichischen Damen schaffen in Prag in letzter Minute den Klassenerhalt: Gegen Frankreich feiert das Team von Trainer Nitan Sondhi einen 3:0-Erfolg und bleibt damit auch für 2017 in der zweiten europäischen Leistungsstufe.

Europameisterschaft in Prag. Sieg gegen Schottland im Shootout.